Menschen bei Weleda

Mette Colberg
Artist, Copenhagen

Ich bin Künstlerin und lebe in Kopenhagen. Ich arbeite mit Glas und Fotografie. Als ich meinen Master in Fine Art machte, dokumentierte ich meine Arbeiten mit der Kamera und realisierte dabei, dass ich Glas durch Glas fotografiere. Ich drehte also die Perspektive um: anstatt Objekte herzustellen, die man als Vase oder Trinkgefäß nutzen kann, begann ich durch das Glas hindurchzuschauen. Ich experimentiere mit Transparenz. Die Transparenz von Glas ist eine Metapher für das Unsichtbare. Ich finde das ist ein großes Thema in unserer Welt. Transparenz hilft, Dinge zu erkennen. Wir benutzen den Begriff in den verschiedensten Zusammenhängen: politisch, gesellschaftlich, technisch, emotional. Es ist ziemlich aufschlussreich sich mit Transparenz zu beschäftigen. Manchmal erkenne ich Dinge, von denen ich vorher nichts ahnte. Wenn du wirklich etwas entdecken willst, ist es wichtig Zufälle zuzulassen. Meine Arbeit beginnt immer mit Neugier. Was passiert wenn ich dieses oder jenes tue? Es ist ein Experiment. Ich versuche nicht zu beurteilen,was passiert. Ich versuche nur zu registrieren. Unser Leben lang lernen wir zu beurteilen: das ist gut, das ist schlecht, das ist richtig, das ist falsch. Für viele Leute sind Zufälle etwas Negatives. Dabei beschreibt ein Zufall nur, was ohnehin geschieht.

Künstlerportraits
Johanna Wagner - Performance Artist // Luis Ake - Elektro Pop Star // Lintu broken Birdie - Tattoo Artist // Anneke Kim Sarnau - Schauspielerin // Lisa Randall - Physikerin // Falk Schneemann - Architekt // Terence Gower - Artist // Johannes Gervé - Maler // Moritz von Woellwarth - Komponist // Stephan Marc Schneider - Komponist //

Der Köhler Thomas Faißt
für Werde 2017

Der dampfende schwarze Haufen

Der Meiler ist für mich so etwas wie eine Zeitmaschine. Tagelang hocke ich an einem Ort, verlasse ihn nicht, schaue etwas an, das sich vor meinem Blick verhüllt. Ich sitze vor einem dampfenden schwarzen Haufen, in dessen Innerem sich etwas verwandelt. Sehen kann ich das nicht. Aber unter mir spüren, hören und riechen, wenn ich auf dem Kohlehaufen stehe. Mein Sehsinn ist hier nicht gefragt. Auf dem Meiler nehme ich auch die Zeit anders wahr, wahrscheinlich, weil es so wenig zu sehen gibt. Hier ist der Begriff Zeit damit verbunden, etwas auszuhalten. Die Dinge in einem bestimmten Augenblick wahrzunehmen, und auszuhalten, genau so wie sie eben sind. Wenn man etwas nicht sieht, dann tut man sich schwer, es auszuhalten. Ich sehe das Innere des Meilers nicht. Ich kann nur hinaufsteigen, Riechen und unter meinen Füßen spüren, was da drin geschieht. Und da wird der Meiler schon etwas, das ich beginne anders wahrzunehmen als Dinge, die mir sonst begegnen. Ich spüre, was sich im Inneren verwandelt, auch wenn ich es nicht in Worte fassen kann.Wenn sich etwas verwandelt, empfinde ich es als etwas Wesenhaftes. Deshalb gleicht der Kohlenmeiler für mich einem Wesen.Wenn es in uns eine feinstoffliche Wahrnehmung gibt, dann möchte ich einfach für mich mehr über den Kohlenstoff wissen. Es ist jedes Mal ein besonderes Erlebnis, wenn ich den Meiler ausziehe. Wenn die Holzkohle herauskommt, ich die Kohlen herausziehe und sie zu klingen beginnen. Dann wird ein Wesen der Holzkohle hörbar.
Was am Ende bleibt, sind nicht meine Worte. Sie verflüchtigen sich in den Wipfeln des Waldes wie der Dampf, der aus dem Meiler kommt. Was bleibt, ist das, was ich mache. Vom Einschlag des Holzes an bin ich dabei, vom Spalten, vom Herrichten der Kohlenplatte, vom Setzen des Kohlenmeilers, vom Entzünden des Meilers an. Am Schluss bleibt ein Produkt, das ich von Anfang bis Ende mit meinen Händen begleitet habe. Dann halte ich ein Stück Holzkohle in Händen, das bleibt. Alles andere ist Schall und Rauch.

Wenn ich es einmal selbst bin
ZWEI, das Magazin von Pfizer Deutschland

Ein Arzt kann kein normaler Patient sein – vier Protokolle.
Wolfgang Diederichs 56, Klinikdirektor für Urologie: Vor rund neun Jahren hatte ich nach dem Laufen einen heftigen Nacken- und Kopfschmerz, ich konnte mich kaum aufrecht halten. Am nächsten Tag bin ich in mein eigenes Krankenhaus gegangen und bin ins MRT. Es war sehr eng, sehr laut, ich lag da drin, ich fragte mich, ob es ein Hirntumor sein könnte, ich hatte Angst: Was wird man mir sagen? Mir ging auch durch den Kopf, wie oft ich diese Untersuchung schon für andere Menschen angeordnet hatte. Ich hatte mich gefragt, ob ich es mir als Führungspersönlichkeit leisten kann, vor meinen Mitarbeitern Schwäche zu zeigen, ob es vielleicht besser ist, in ein anderes Krankenhaus zu gehen. Ich hatte diesen Gedanken aber schnell verworfen. Die ganze Perspektive hat sich für mich geändert an diesem Tag, in jeder Hinsicht: Denn ich wurde geschoben. Wie hässlich können Decken sein! Wie seltsam ist es, nur noch Oberkörper zu sehen, wie unangenehm ist es, wenn die Ärzte von oben zu einem herunter sprechen. Das hat mich sehr beschäftigt…..“
Briefing der Agentur: Für das Aufmacherbild brauchen wir ein Foto, welches einen Arzt darstellt, der sich in mehrfacher Funktion selbst behandelt. Der Protagonist sollte möglichst glaubwürdig und authentisch rüberkommen. Ebenso die Location, die sollte nach einem echten Behandlungsraum aussehen.

Wo bleiben sie, die Medizintouristen ?
ZWEI, das Magazin von Pfizer Deutschland

„Hallo Barbara, wir sitzen gerade an der neuen Ausgabe der Pfizer zwei. Bei einem Artikel geht es um Medizintourismus. Dazu würden wir gerne eine Art Beautystrecke machen die „Urlaub“ und „krank sein“ durch Körperdetails verbindet. Also z.B. zwei gebräunte Beine – eins davon in Gips; ein Rücken mit Tanningline und Heftpflaster; eine Arm mit Verband an dem noch Sand klebt; oder eine Gesicht mit Sonnenbrille und geschwollener Backe (erst mal grobe Ideen) Hättest du Lust und Zeit, das nächste Woche zu machen? Sorry, ich weiß, es ist etwas kurzfristig, aber ich würde mich freuen, wenn es klappt. Schöne Grüße, Steven“ „Hi Steven, aber sehr gerne doch! Ich leg dann mal möglichst schnell mit dem Casting los. Etwas Internationales sollte auch dabei sein? Ich sollte beim Shooting neben meiner Assistentin auch eine Krankenschwester dabei haben, die den Arm fachgerecht eingipsen kann. OK? Für die Schiene zur Nasen OP laß ich in einer Privatklinik für ästhetische Chirurgie nach einer passgenauen Schiene fragen…ansonsten guck ich mal im Orthopädiebedarf, was es an Requisite gibt : ) Sag mal, wie findest Du: Shoppingbags mit Urinbeutel? Herzlichst, Barbara“

Sommerhaut
für Weleda Magazin

Verbrennungen, Sonnenbrand, Mückenstiche und gereizte Augen. Urlaub an der Sonne. Mit dieser Herausforderung trat mein Kunde Weleda an mich heran. Es sollten mehrere Produkte, die in eine Reiseapotheke gehören thematisiert werden.Ich wurde mit Casting, Locationsuche, Produktion und Shooting beauftragt. Auf der Motivwunschliste stand: Entspannen, Angeln, Sonnenbaden, Sport, Zelt aufbauen, Lagerfeuer……und das alles an einem Ort. Wir entschieden uns für die Insel Reichenau am Bodensee und mieteten einen Zeltplatz. Glücklicherweise war das Wetter perfekt und das Team entspannt. Wir arbeiteten von Sonnenauf- bis untergang eine Szene nach der anderen durch (hier nur einige Beispiele) und hatten am Ende des Tages eine Woche Urlaub in Bildern gemacht.

Sinusmilieus
für ZWEI, das Magazin von Pfizer Deutschland

Das Heidelberger Sinus-Institut erforscht seit Ende der 1970er Jahre den sozialen Wandel in unserer Gesellschaft. Derzeit unterscheidet es zehn soziale Milieus die Werte und Lebensstile teilen. 1. Konservativ-Etablierte: Das klassische Establishment. 2. Performer: Die multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite. 3. Sozialökologen: Das konsumkritische Milieu. 4. Expeditive: Die unkonventionelle kreative Avantgarde. 5. Bürgerliche Mitte: Der leistungsorientierte, anpassungsbereite Mainstream. 6. Prekäre: Die Verlierer der Gesellschaft. 7. Liberal-Intellektuelle: Die aufgeklärte Bildungselite. 8. Traditionelle: Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs- und Nachkriegsgeneration. 9. Adaptiv-Pragmatische: Die zielstrebige junge Mitte der Gesellschaft. 10. Hedonisten: Spaßorientierte, moderne Unterschicht.

The Teacher
Selbstportrait

Von 2008 bis 2011 unterrichtete ich an der HTWG Konstanz im Fachbereich Kommunikationsdesign Fotografie. Gemeinsam mit den Studenten organisierten und produzierten wir die unterschiedlichsten Projekte: unter anderem eine Kampagne gegen Studiengebühren, einen Workshop zum Thema „Intervention und Inszenierung“, ein Genderprojekt, Ausstellungen, Wettbewerbe und das Projekt: „Identität“, in dessen Rahmen, die hier gezeigte Selbstinszenierung als Lehrerin entstand. Hier nochmal ein Dankeschön an die gute und produktive Zeit, die ich in der Villa Prym direkt am See mit den hochkreativen Studenten hatte.

Genealogie
Die Verwandten

Wie mein Name schon zu erkennen gibt, habe ich in eine adlige Familie geheiratet. Deren Habitus und Haltung war mir fremd. Ausgehend von meinem Sohn untersuchte ich in Einzelportraits Ähnlichkeiten in Haltung, Ausdruck, Kleidung und Physiognomie. Tatsächlich nahmen alle eine standesgemäße Position ein und waren auch in der von ihnen selbst gewählten Kleidung uniform. Die Frauen tragen Perlenketten, auch Perlohrringe, die Onkel wählten Jankerl mit Hirschhornknöpfen, manche tragen Siegelring. Aber am erstaunlichsten ist die eingenommene Haltung. Nach Sichtung des Materials ging ich zunächst davon aus sie sei das Ergebnis der langen Belichtungszeit:
„Die Synthese des Ausdrucks, die durch das lange Stillhalten des Models erzwungen wird, ist der Hauptgrund, weshalb diese Lichtbilder neben ihrer Schlichtheit gleich guten gezeichneten oder gemalten Bildnissen eine eindringlichere und länger andauernde Wirkung auf den Betrachter ausüben.“
E. Orlik
(Ich überprüfte diese Vermutung und portraitierte in gleicher Weise und ähnlichen Bedingungen meine bürgerliche Familie. Ich bat sie die selben Posen einzunehmen. Es gelang ihnen nicht diese Entrücktheit und Distinguiertheit auszudrücken. Im Gegenteil sie strahlten Präsenz aus.)